Morgenstern

Morgenstern

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Mọr|gen|stern 〈m. 1; unz.〉
1. 〈Astron.〉 Wandelstern Venus
2. mittelalterliche Schlagwaffe, eine derbe Keule mit stachelbesetztem Kopf; Sy Bengel 1 (2)

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Mọr|gen|stern, der [mhd. morgenstern(e)]:
1. <o. Pl.> als auffallend hell leuchtender Stern erscheinender Planet Venus am östlichen Himmel vor Sonnenaufgang.
2. (im Mittelalter verwendete) Schlagwaffe, meist in Gestalt einer Keule, deren oberes kugeliges Ende mit eisernen Stacheln besetzt ist.

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I
Morgenstern,
 
1) Astronomie: Abendstern.
 
 2) Waffenwesen: im 15./16. Jahrhundert v. a. von Angehörigen der Volksaufgebote geführte behelfsmäßige Schlagwaffe: Stachelkeule oder ein Stock mit an einer Kette schwingender Stachelkugel.
 
II
Mọrgenstern,
 
1) Christian, Maler, * Hamburg 29. 9. 1805, ✝ München 27. 2. 1867, Großvater von 2); ging 1827 nach Norwegen, dann nach Kopenhagen, 1829 nach München. Morgenstern malte unter dem Einfluss von C. Rottmann zunächst realistische Landschaften, später romantisch-pathetische Bilder von Naturereignissen.
 
 
 2) Christian, Schriftsteller, * München 6. 5. 1871, ✝ Meran 31. 3. 1914, Enkel von 1); erkrankte schon 1893 an Lungentuberkulose, hielt sich deshalb häufig in Sanatorien auf, ging 1894 nach Berlin, hatte dort Verbindung zum »Friedrichshagener Dichterkreis« um die Brüder Hart, war Mitarbeiter u. a. der »Freien Bühne«, Übersetzer (u. a. H. Ibsen und A. Strindberg), dann freier Lektor beim Verlag B. Cassirer; seit 1910 lebte er in Südtirol.
 
Aus dem antibürgerlichen Freundeskreis der »Galgenbrüder« erwuchsen ab 1895 die Gedichte, die als »Galgenlieder« berühmt wurden. Über Kabaretts (»Überbrettl«, »Schall und Rauch«) fanden sie den Weg in die Öffentlichkeit (gesammelt zuerst 1905; Fortsetzungen: »Palmström«, 1910; »Palma Kunkel«, herausgegeben 1916; »Der Gingganz«, herausgegeben 1919). Das geistreiche Spiel mit Wörtern, das Erkunden aller Möglichkeiten der Sprache machen Morgenstern zu einem frühen Vertreter der konkreten Poesie. Seine ernste Gedankenlyrik stand unter dem Einfluss F. Nietzsches, später des Buddhismus und der Anthroposophie seines Freundes R. Steiner, den er auf Vortragsreisen begleitete.
 
 
Weitere Werke: In Phanta's Schloß (1895); Ich und die Welt (1898); Ein Sommer (1900); Und aber ründet sich ein Kranz (1902); Einkehr (1910); Ich und Du (1911); Wir fanden einen Pfad (1914).
 
Ausgaben: Sämtliche Dichtungen, herausgegeben von H. O. Proskauer, 17 Bände und 1 Registerband (1971-80); Gesammelte Werke, herausgegeben von M. Morgenstern (111974); Werke und Briefe, herausgegeben von R. Habel u. a., auf 9 Bände berechnet (1987 ff.); Gesammelte Werke (Neuausgabe 41996).
 
 
M. Bauer: C. M.s Leben u. Werk (Neuausg. 1985);
 E. Kretschmer: C. M. (1985);
 C. Platritis: C. M. Dichtung u. Weltanschauung (1992);
 M. Beheim-Schwarzbach: C. M. (64.-65. Tsd. 1995).
 
 3) Lina, geboren Bauer, Sozialpädagogin und Frauenrechtlerin, * Breslau 25. 11. 1830, ✝ Berlin 19. 12. 1909; sozialpädagogisch (Förderung des fröbelschen Kindergartens), sozialfürsorgerisch und -reformerisch engagiert, u. a. durch Gründung der ersten Berliner Volksküchen (1866), des Kinderschutzvereins (1868) und des Hausfrauenvereins (1873). 1874-1905 gab sie die »Deutsche Hausfrauenzeitung« heraus und propagierte die Idee der Konsumgenossenschaft. Morgenstern wird dem radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung zugerechnet, die sie u. a. durch ihre Vorstandstätigkeit im Allgemeinen Deutschen Frauenverein unterstützte.
 
Werke: Das Paradies der Kindheit durch Spiel, Gesang und Beschäftigung (1861); Praktische Studien über Hauswirtschaft für Frauen und Jungfrauen (1875); Frauenarbeit in Deutschland, 2 Teile (1893).
 
 4) Oskar, amerikanischer Volkswirtschaftler deutscher Herkunft, * Görlitz 24. 1. 1902, ✝ Princeton (N. J.) 26. 7. 1977; 1930-38 Direktor des Österreichen Instituts für Konjunkturforschung, 1935-38 Professor in Wien, nach seiner Emigration 1938-70 in Princeton (N. J.) und 1970-76 an der New York University. Morgenstern befasste sich mit Fragen der Methodologie und der Rationalität von Wirtschaftsprognosen, der Wettbewerbstheorie und untersuchte gemeinsam mit J. von Neumann die Beziehungen zwischen mathematischer Spieltheorie und Wirtschaftstheorie. Morgenstern war Berater amerikanischer Regierungsstellen.
 
Werke: Wirtschaftsprognose (1928); Theory of games and economic behavior (1944, mit J. von Neumann; deutsch Spieltheorie und wirtschaftliches Verhalten); Predictability of stock marked prices (1970, mit C. W. J. Granger).
 
 5) Soma, Schriftsteller, * Budzanów (Ostgalizien) 3. 5. 1890, ✝ New York 17. 4. 1976; aus jüdisch-chassidischem Elternhaus, geprägt von den verschiedenen Kulturen Galiziens, veröffentlichte in deutscher Sprache. Morgenstern ging früh nach Wien, studierte dort Jura, war u. a. Kulturkorrespondent der »Frankfurter Zeitung«; eng mit J. Roth und A. Berg befreundet. Bei der Annexion Österreichs 1938 ging er nach Paris, wurde 1940 interniert, konnte über Lissabon nach New York fliehen, wo er blieb. Morgensterns umfangreiches Prosawerk wird erst seit den 90er-Jahren editorisch erschlossen. Die meist autobiographischen Bände lassen die Welt des ostgaliz. Judentums beziehungsweise das Wien der 20er-Jahre wieder erstehen: »Joseph Roths Flucht und Ende. Erinnerungen« (herausgegeben 1994), »In einer anderen Zeit. Jugendjahre in Ostgalizien« (herausgegeben 1995), »Alban Berg und seine Idole. Erinnerungen und Briefe« (herausgegeben 1995). Als Hauptwerk gilt die 1930-43 entstandene Trilogie »Funken im Abgrund« (vollständig herausgegeben 1996).
 
Ausgabe: Werke in Einzelbänden, herausgegeben von I. Schulte (1994 ff.).

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Mọr|gen|stern, der [mhd. morgenstern(e)]: 1. <o. Pl.> der als auffallend hell leuchtender Stern erscheinende Planet Venus am östlichen Himmel vor Sonnenaufgang. 2. im MA. verwendete Schlagwaffe, meist in Gestalt einer Keule, deren oberes kugeliges Ende mit eisernen Stacheln besetzt ist.

Universal-Lexikon. 2012.

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